Der Stern zum Wochenende: Barnards Stern
07.03.08 (Astronomie, Stern zum Wochenende, Wissenschaft)
Diese Woche möchte ich etwas über Barnards Stern erzählen (oder, wie er auch genannt wird, Barnards Pfeilstern). Barnards Stern ist ein relativ schwach leuchtender Stern mit einer Magnitude von 9.54 – er ist also mit freiem Auge nicht sichtbar.
Der Stern befindet sich im Sternbild des Schlangenträgers (Ophiuchus):
Barnards Stern ist von der Sonne aus gesehen der zweitnächste Stern; er ist nur knapp 6 Lichtjahre entfernt. Das er trotzdem so schwach leuchtet, liegt daran, das er ein roter Zwerg (Spektraltyp M4 Ve) ist. Rote Zwerge sind die kleinsten Sterne – noch kleiner sind nur noch die sg. braunen Zwerge die keine echten Sterne mehr sind sondern eher ein Mittelding zwischen Stern und Planet. Barnards Stern ist fünfmal kleiner als unsere Sonne und seine Masse beträgt etwa 15% der Sonnenmasse. Er ist etwa 10 Milliarden Jahre alt (also doppelt so alt wie die Sonne). Seine Temperatur ist mit 3100 Kelvin nur knapp halb so groß wie die der Sonne.
Der Name – Barnards Pfeilstern – sagt schon, das es sich hier um etwas Besonders handelt. Der Astronom Edward Barnard hat diesen Stern 1916 untersucht. Dabei stellt er fest, das sich der Stern bewegt. Das ist erstmal nichts außergewöhnliches. Alle Sterne bewegen sich um das Zentrum unserer Galaxie, genauso wie sich die Planeten um einen Stern bewegen. Jeder Stern hat aber zusätzlich noch eine gewisse Eigenbewegung. Das bedeutet, das sich der Stern im Vergleich zu den Hintergrundsternen bewegt – und zwar tatsächlich bewegt und nicht wie bei der Parallaxe nur eine scheinbare Positionsveränderung zeigt. Barnards Stern stellte sich als ein sogenannter „Schnellläufer“ heraus. Das sind Sterne mit besonders großer Eigenbewegung und Barnards Stern hat von allen untersuchten Sterne die größte Eigenbewegung! Sie beträgt 10.34 Bogensekunden pro Jahr – die meisten anderen Sterne haben eine Eigenbewegung von weniger als einer halben Bogensekunde pro Jahr. Die Animation aus der englischen Wikipedia (rechts) zeigt wie sich der Stern innerhalb von 20 Jahren am Himmel bewegt. Barnards Stern bewegt sich auf die Sonne zu – im Jahr 11800 wird er nur noch 3.8 Lichtjahre entfernt sein (und damit näher als Proxima Centauri; der Stern, der der Sonne heute am nächsten ist).
Barnards Stern hat aber noch ein paar weitere Überraschungen auf Lager. 1938 begann der Astronom Peter van de Kamp Barnards Stern zu beobachten. Er vermaß dessen Position am Himmel und untersuchte seine Eigenbewegung. Mitte der 60er Jahre meldete er, das er ein „Wackeln“ des Sterns festgestellt habe: seine Messungen zeigten, das Barnards Stern sich nicht auf einer geraden Linie bewegte sondern periodisch hin und her schwankte. Er führte diese Schwankungen auf die gravitativen Störungen von einem oder zwei großen Planeten zurück, die Barnards Stern umkreisen sollten. Diese Planeten wären etwa so groß wie Jupiter – als andere Forscher allerdings die Daten überprüften und die Beobachtungen wiederholten, konnten sie van de Kamps Messungen nicht bestätigen. Bis in die 80er Jahre hinein gab es viele Diskussion ob diese Planeten existieren oder nicht; van de Kamp selbst war bis zu seinem Tod von der Existenz der Planeten überzeugt. Auch spätere Messungen anderer Astronomen konnten seine Behauptungen allerdings nie bestätigen und heute scheint es sehr wahrscheinlich, das die von van de Kamp gemessenen Schwankungen auf systematische Instrumentalfehler zurückzuführen sind. Messungen mit dem Hubble Space Telescope im Jahr 1999 zeigten, das dort definitiv keine großen Planeten existieren.
Die Diskussion um die Planeten von Barnards Stern führten aber immerhin dazu, das er als Ziel für das Projekt Daedalus ausgewählt wurde. Das war eine Studie, die zwischen 1973 und 1978 durchgeführt wurde und untersuchte, wie man ein (unbemanntes) Raumschiff bauen kann, das es in etwa 50 Jahren Flugzeit schaffen konnte, ein anderes Sternsystem zu erreichen.
Auch in der jüngeren Vergangenheit konnte Barnards Stern die Astronomen noch überraschen. 1998 beobachtete man einen sogenannten „Flare“ – einen schnellen, starken Anstieg der Helligkeit. Barnards Stern gehört also zur Klasse der eruptiv veränderlich Sterne bzw. zur Untergruppe der UV-Ceti Sterne. Das sind rote Zwergsterne bei denen in unperiodischen Abständen große Helligkeitsausbrüche stattfinden. 1998 stieg die Temperatur von Barnards Stern von 3100 auf etwa 8000 Kelvin an!
Und vielleicht ist Barnards Stern auch in Zukunft noch für bedeutende Entdeckungen gut. Auch wenn sich die Planeten von van de Kamp als Illusion herausgestellt haben, ist es immer noch möglich, das sich dort kleine, erdähnliche Planeten befinden (vielleicht sogar in der „habitablen Zone“: der Bereich um einen Stern, in dem Leben möglich ist). Deswegen wurde Barnards Stern auch als eines der Zielobjekte der Space Interferometry Mission und des Darwin Weltraumteleskops ausgewählt, die beide ab 2015 ihre Arbeit aufnehmen sollen. Ihr Ziel ist es, erdähnliche Planeten um andere Sterne zu entdecken. Man darf also gespannt sein, welche Überraschungen Barnards Stern noch für uns hat!
07.03.08 um 23:02
11800?
Ich glaube, das betrifft die wenigsten Menschen…. 😀
09.03.08 um 14:45
Gestern wurde bei ted – talks (ted.com) ein interessanter Beitrag zum Thema „the world wide telescope“ von Roy Gould und Curtis Wong veröffentlicht (es ist ein 6 Minutiges Video Podcast) . Das könnte für Dich auch interessant sein. Das world wide Telescope wird mit Hilfe von Microsoft entwickelt und im kommenden Monat online zur Verfügung gestellt.
09.03.08 um 18:35
danke für den hinweis! schöner beitrag bei ted.
ich hab davon auch schon an anderen stellen im web gehört – bin wirklich schon gespannt, wie das WWT dann wirklich aussieht und funktioniert. hier gibts ja auch schon nen kleinen vorgeschmack.